Jahrhunderte hat die Kirche des Heiligen Jakobus in Hochmutting schon vorbeiziehen sehen. Und sehr viele Generationen in der mehrhundertjährigen Geschichte des Gotteshauses haben dort auch ihre Spuren hinterlassen. Immer wieder wurde die Kirche umgebaut, verändert, neu gestaltet – bin hin zur völligen Beliebigkeit. Als gesichtslose Friedhofskapelle lag St. Jakobus zuletzt über Jahre brach, wegen schier unaufhaltsamer Verwitterung dem Verfall geweiht. Vor 15 Jahren hat ein Förderverein die Initiative übernommen und seither die Kirche grundlegend saniert. 2018 nun soll sie wieder zugänglich werden.I
Der Legende nach hat die Jakobuskapelle ihren Ursprung în der Schlacht auf dem Lechfeld, einem Gründungsmythos des frühmittelalterlichen Deutschen Reiches. Ritter unter Führung des sächsischen Königs Otto und des Augsburger Bischofs Ulrich besiegten dort im Jahr 955 ungarische Reiter so gründlich, dass die Einfälle der Ungarn aufhörten, die zuvor jahrzehntelang immer wieder insbesondere bayerische Regionen verwüstet hatten. Und in dieser Schlacht soll nun „ainer darunter gewesen mit namme Kalthausser“ und der habe „Gott gebetten, wan ihm Gott ausgeb aus diesen krieg so wölle er ain Kirch bauen in seinen namen und S. Jacob”. Aus der großen Schlacht hat dann „den Kalthausser Gott ausgeben ist haimb khomen“. Der wackere Ritter folgte noch seinem König Otto zur Kaiserkrönung nach Rom und erlangte dort „vom Babst Joanne dem zwölften (die Erlaubnis) ain Kirchen zu bauen” und ist dann „Kirche angangen ad (anno domini) 964 wie Kalthausser an dieser gegend gehaußt und in diesem Krieg versprochen, also hiedurch seinem Gelübd ain genüge gethan hat“.
Der Legende nach hat die Jakobuskapelle ihren Ursprung în der Schlacht auf dem Lechfeld, einem Gründungsmythos des frühmittelalterlichen Deutschen Reiches. Ritter unter Führung des sächsischen Königs Otto und des Augsburger Bischofs Ulrich besiegten dort im Jahr 955 ungarische Reiter so gründlich, dass die Einfälle der Ungarn aufhörten, die zuvor jahrzehntelang immer wieder insbesondere bayerische Regionen verwüstet hatten. Und in dieser Schlacht soll nun „ainer darunter gewesen mit namme Kalthausser“ und der habe „Gott gebetten, wan ihm Gott ausgeb aus diesen krieg so wölle er ain Kirch bauen in seinen namen und S. Jacob”. Aus der großen Schlacht hat dann „den Kalthausser Gott ausgeben ist haimb khomen“. Der wackere Ritter folgte noch seinem König Otto zur Kaiserkrönung nach Rom und erlangte dort „vom Babst Joanne dem zwölften (die Erlaubnis) ain Kirchen zu bauen” und ist dann „Kirche angangen ad (anno domini) 964 wie Kalthausser an dieser gegend gehaußt und in diesem Krieg versprochen, also hiedurch seinem Gelübd ain genüge gethan hat“.
Diese Gründungssage ist quasi verbrieft: Sie hängt in feiner Schönschrift auf einer mannshofen Tafel an der Wand der Kapelle. 1549 hat sie ein Nachfahre bei einer Renovierung aufschreiben lassen. Aber was daran ist wahr und was eine 600 Jahre später fixierte Legende? Ethymologen halten es für völlig ausgeschlossen, dass im zehnten Jahrhundert hierzulande jemand „Kalthausser“ geheißen haben könnte, der Name ist wohl in späteren Generationen hineingerutscht.
Eine Verbindung des Ortes und seiner Kirche zu den Ungarnkämpfen, in welcher Form auch immer, scheint freilich plausibel. Dabei muss der Kirchenstifter gar nicht mal unbedingt am Lechfeld dabei gewesen sein. Hochmutting liegt in der Schneise zwischen den Naturräumen Ebersberger Forst, Erdinger Moos und Dachauer Moos, auf der die Ungarn potentiell ihre Einfälle im zehnten Jahrhundert reiten konnten und die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ihre Fluchtroute nach der Katastrophe am Lechfeld war.
Dass die Ungarnkämpfe in der Tat am Beginn der Geschichte von St. Jakobus gestanden sein müssen, legt auch nahe, dass die Ungarn auf der Gründungstafel gleich nochmal erwöhnt werden, bei Kämpfen im Jahr 1042, wo sie nun historisch ganz sicher nicht mehr in Bayern waren. Dass laut der sogenannten „Ungarntafel“ im Jahr 1042 „die Kirchen und heußer auch verbrennt worden, dan es grösser Krieg nie gewest”, führt Heimatforscher Hans Gruber auf Machtkämpfe zwischen den Bayernherzögen und dem deutschen König zurück, die sich bis in die Zeit Barbarossas hinzogen, der später auf der Tafel auch erwähnt ist. Weil diese Konflikte 1549 nicht mehr für real gelten konnten, mag man sie rückblickend den Ungarn zugeschrieben haben, die ja mit der Gründung irgendwie zu tun hatten.
In den Schleißheimer Mythenschatz ist die „Ungarntafel“ vor allem auch deswegen eingegangen, weil sie den päpstlichen Erlass zum Bau der Kapelle mit der Stiftung eines Jahrmarkts verknüpft. „Nach Christi Geburth 1175zigsten Jahr“, so hieß es dann weiter, „kham München auff, da kham der Jahrmarkt gen München hinein“. Demnach wäre Hochmutting der Ursprung der berühmten Auer Dult! Ganz offenkundig aber sind dem Hans Keferloher, der die Tafel 1549 niederschreiben ließ, hier die Legenden über den Familienbesitz in Keferloh, wo es in der Tat einen berühmten Jahrmarkt gab und gibt, und über Hochmutting durcheinandergeraten. Ganz abgesehen davon, dass die auf der Tafel genannten Jahreszahlen nicht zusammenpassen, ist für Hochmutting nie ein Jahrmarkt nachweisbar.
Die Kapelle aber könnte aus dem zehnten Jahrhundert stammen und im Kontext der Ungarneinfälle entstanden sein. Als älteste Bausubstanz der aktuellen Kirche wurde Mauerwerk aus dem zwölften Jahrhundert ermittelt. Das heutige Bauwerk, wahrscheinlich ein Wiederaufbau nach der Zerstörung um 1042, ist damit – zusammen mit der um ein paar Jahre hin oder her gleich alten Kirche St. Martin in Mallertshofen – das älteste Gebäude in Ober- und Unterschleißheim und auf dem Terrain des historischen Schleißheim, deutlich älter auch als jedes Bauwerk in München.
Wohl im 13. Jahrhundert wurde St. Jakobus mit Fresken ausgemalt. Die Renovierung hat nun Malereien an der nördlichen Innenwand freigelegt. Um 1540 wurde eine Mauereröffnung für eine Glocke geschlagen.
Herzog Wilhelm V. hat St. Jakobus bereits als alte Kirche vorgefunden, als er Ende des 16. Jahrhunderts Land um die Schwaige Schleißheim für seinen Landsitz arrondierte. Zu den Gütern, die der Herzog kaufte und eintauschte, gehörten auch die Schwaigen Ober- und Niederhochmutting, wo eine Kirche St. Nikolaus stand. Die beiden Kirchen gliederte der Herzog in das Kirchennetz um seinen Landsitz ein, das nach dem Vorbild eines Kirchennetzes um Rom wie ein Rosenkranz das Herrenhaus Schleißheim umspannte. Die Kirchen wurden mit Klausen bestückt, wo Eremiten die Pflege der Kirchen und die Abhaltung von Messen oblag. Den rund 14 Kilometer langen Weg entlang der neun Kirchen pilgerte Wilhelm wohl regelmäßig.
Der Mode einer plastischen und sichtbaren Darstellung des Glaubens folgend wurde St. Jakobus anfangs des 17. Jahrhunderts von Herzog Wilhelm umgebaut und mit einem Altar ausgerüstet, der von Zeitgenossen beschrieben wurde, dass „dessen tafel man 3 mal verkhreren kann; als erstlich sihet man St Benno, hernach verkhert mans, so kompft unser herr Gott in gestalt aines gärtners in garten, wie er Maria Magdalena erscheinet; zum dritten kompt unser liebe Fraw und St Jacob bei ihr, und wird dieser altar gewichter also umgetriben und verkheret“. Die Kapelle sei schon „von alters hero gewesen“, vermerkt der Besucher, der Herzog habe nur „die clausen darzue gemacht“.
Heute lässt sich rekonstruieren, dass auch das Kirchendach im 17. Jahrhundert steiler angelegt wurde als es zuvor war. An der Nordseite wurden rechteckige Fenster ins Mauerwerk gebrochen. Während die Kirche St. Nikolaus in Niederhochmutting abbrannte, blieb St. Jakobus mit seiner Klause bis zur Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts in Betrieb. Der Klausner wurde mit der Aufhebung der kirchlichen Strukturen fortgeschickt, für die Kirche ergab sich nun jedoch eine neue Verwendung. Weil parallel auch das Kloster Mittenheim aufgelöst worden war, hatten Ort und Hofkuratie Schleißheim nun keinen Friedhof mehr.
In den Hochmuttinger Sterbematrikeln ist 1805 zu lesen, dass Kurfürst Max Joseph beschlossen habe, „den Kirchhof (= Friedhof) an die durch ihr Alterthum so berühmte St. Jakobs-Kapelle in Hochmuthing zu verlegen“. Am 12. Mai segnete Hofkuratbenefiziat Michael Diehl die Begräbnisstätte ein und bestattete unmittelbar nach der Weihe mit der Brunnenmeisterstochter Anna Schmerold die erste Tote. In der Kapelle wurde der Chorraum abgemauert und fortan als Abstellkammer für Requsiten des Friedhofs genutzt. An der Ostseite wurde eine Mauer vorgeblendet und an ihr Gräber angelegt. 1812 erhielt der Friedhof auch eine Mauer. 1865 wurde der Friedhof über diese Einfriedung hinaus nach Westen erweitert, 1958 nach Norden und 1971 und 1997 in weiteren Entwicklungsschritten nochmal nach Westen.
St. Jakobus wurde 1966 grundlegend umgestaltet. Der alte hölzerne Dachstuhl wurde entfernt und durch eine Stahlbetondecke ersetzt, in die Südfront wurde der neue Haupteingang gebrochen und die in früheren Jahren zugemauerten Lichteinlässe aus romanischer Urzeit wieder geöffnet. Weil aber längst eine profane Aussegnungshalle entstanden war, wurde die Kirche kaum noch genutzt. Das Mauerwerk war so grundlegend durchfeuchtet, dass auch die 66er Sanierung keine Verbesserung brachte. Zudem lag St. Jakobus im toten Winkel der Zuständigkeiten, weil es zwar dem Staat unter Obhut der Schlösser- und Seenverwaltung gehörte, der Unterhalt aber der Gemeinde Oberschleißheim oblag und die Nutzung der katholischen Pfarrei.
2002 durchschlug die damalige Oberschleißheimer Bürgermeisterin Elisabeth Ziegler das Gewirr der Zuständigkeiten, installierte einen Runden Tisch zur Sanierung der Kirche und übertrug die Federführung einem privaten Förderverein. Der begeht nun bereits seinen 15. Geburtstag. Auch vier Jahre nach dem Abschied aus dem Amt ist der Vorsitz im Förderverein St. Jakobus das einzige öffentliche Mandat, das Ziegler behalten hat.
Als Grundlage für eine fundamentale Sanierung wurden 13 Gräber umgebettet, die direkt an der Kirchenmauer gelegen waren. Das Fundament wurde trockengelegt und der Kirchenraum nun mit einer Fußbodentrocknung ausgestattet, wie sie die Schlösserverwaltung auch schon in der Kapelle St. Renatus in Lustheim anwendet. Die alte Abmauerung wurde ausgebrochen, das Kirchenschiff wieder auf die originale Größe erweitert, der Glockenturm erneuert. Heizung und Strom wurden neu und ohne Schäden für das Haus verlegt.
Ziel ist es, St. Jakobus als historisches Kleinod zu erhalten, einer ökumenischen Nutzung für den Friedhof zuzuführen, aber auch als profanen Veranstaltungsraum für Konzerte oder Ausstellungen zu öffnen. Im Herbst soll die Sanierung abgeschlossen sein. Über die Möblierung wird derzeit beraten, wobei diverse potentielle Objekte von Bodenplatten bis zum Gestühl im Fundus der Schlösserverwaltung denkbar wären. Auch ein geweihter Altar soll installiert werden. An die gotische Wandbemalung werden nur Infotafeln mit Fotografien der Freilegungen erinnern; eine Rekonstruktion hätte einen siebenstelligen Betrag verschlungen, der dem kunsthistorischen Wert der Malerei nicht angemessen schien. Zudem haben die nachträglich eingebauten Fenster das mögliche Gesamtbild zerstört. Ziegler sagte, sie sei „guter Dinge, dass wir zu unserem 15. Geburtstag noch was herzeigen können“.