Spätwerke von Eduard Bischoff im Alten Schloss

Zur Ausgestaltung seines Landschlösschens in Schleißheim hatte Herzog Maximilian Künstler wie Peter Candid oder Joachim Sandrart herangezogen, in den Sälen hingen Werke von Peter Paul Rubens. Seit der Landsitz aber buchstäblich in den Schatten des nebenan erbauten Prunkschlosses von Maximilians Enkel Max Emanuel geraten war, fiel auch der künstlerische Anspruch nicht mehr weiter auf; öffentlich zugänglich waren die Refugien des Fürsten ohnehin nie. Und im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude durch Bomben weitgehend zerstört.

Das Bayerische Nationalmuseum knüpft nun mit einer kleinen Galerie an die große Kunsttradition des Alten Schlosses an. Gezeigt werden dort nun druckgrafische Werke des ostpreußischen Künstlers Eduard Bischoff. Die 17 Bilder sind jetzt Teil der Ausstellung „Es war einmal ein Land“ zur Geschichte Ost- und Wetspreußens. „Das Ostpreußenblatt“ der Landesmannschaft Ostpreußen würdigte Bischoff zu seinem 25. Todestag 1999 als „einen der großen ostpreußischen Künstler dieses Jahrhunderts“ und pries seine Werke als „einen Hymnus auf die Heimat“.

Der Maler, Grafiker und Illustrator schuf auch Wandbilder und Glasfenster. Erst im Alter entdeckte der als Spätimpressionist klassifizierte Bischoff den Holzschnitt für sich. Drei großformatige Holzschnittserien mit dem Titel „Ostpreußen“ waren die herausragenden Motive seines Spätwerks. Diese Holz- und Linolschnitte sind nun im Alten Schloss zu sehen.

Bischoff wurde 1890 in Königsberg geboren und verfiel von frühester Jugend auf dem Zeichnen und Malen. Als 18jähriger gehörte er in Frankfurt dem Kunstkreis um Fritz Boehle an, 1910 bis 1920, unterbrochen vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg, studierte er an der Kunstakademie Königsberg bei Ludwig Dettmann, dessen Meisterschüler er wurde. Mit Dettmann gestaltete Bischoff 1913 auch ein Monumentaltryptichon in Königsberg, das an die Befreiungskämpfe gegen Napoleon erinnerte.

Nach dem Weltkrieg arbeitete Bischoff als freier Künstler in seiner Heimat. Dabei begegnete er auch seinem Landsmann Lovis Corinth, von dem auch eine Zeichnung in der Ost- und Westpreußensammlung im Alten Schloss zu sehen ist. Größte Popularität erlangte Bischoff in jenen Jahren als einfühlsamer Portraitmaler. Ungeachtet diverser Reisen in den Orient, ans östliche Mittelmeer, nach Nord- und Südeuropa blieb die ostpreußische Heimat die Dominante in seinem Werk. Norbert Ernst Dolezich von der Königsberger Akademie nannte in einem Nachruf auf den Kollegen dessen Werke „letzten Endes gestalteten Dank für die gottgegebene Wirklichkeit“.

1936 wurde Bischoff als Professor an die Königsberger Akademie berufen, die jetzt „Staatliche Meisterateliers“ hieß. Er unterrichtete dort figürliches Zeichen und Malen. In den Zweiten Weltkrieg wurde er wieder als Soldat einberufen. Nach der anschließenden Flucht aus Ostpreußen gelangte er über die Lüneburger Heide 1948 in die Künstlersiedlung Halfmannshof in Gelsenkirchen. Bis zu seinem Tod 1974 in Soest lebte Bischoff mit Ehefrau Gertrud im Ruhrgebiet. Hier gestaltete er zahlreiche Wandbilder und Fresken.

Ein Großteil seines malerischen Werkes ist in den Kriegswirren in Königsberg verloren gegangen. Das erhaltene Hauptwerk Bischoffs wird im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg gezeigt. Dort heißt es über ihn, er gehöre „zu den wesentlichen Kräften, die die Tradition der Königsberger Malerei sichtbar fortsetzten“. Die „Preußische Allgemeine Zeitung“ attestierte in einer posthumen Besprechung, Bischoff habe „einen kulturgeschichtlichen Bogen von Ostpreußen in die junge Bundesrepublik geschlagen“, seine überzeitliche Bedeutung sei es, „die Kunst aus einem der Ostgebiete in die neu entstehende Kunstszene Westdeutschlands mit einzubringen“.

Das bayerische Nationalmuseum erhielt die gezeigten Blätter aus dem grafischen Spätwerk von der im Frühjahr 2016 verstorbenen Münchner Sammlerin Hannelore Eder kurz vor ihrem Tod als Schenkung. Vermittelt hatte den Kontakt Marianne Stößl, die am Nationalmuseum bis zu ihrem Ruhestand im vergangenen Jahr die Ost- und Westpreußensammlung betreut hatte. In der Sammlung im Südflügel des Schlosses war ein zuletzt unbefriedigend genutzter Raum nach der letzten Umgestaltung der Ausstellung noch verfügbar, so dass auch gern zugegriffen wurde.

Die ost- und westpreußischen Landsmannschaften stehen seit den Jahren von Flucht und Vertreibung im Gefolge des Zweiten Weltkriegs unter dem Protektorat des bayerischen Staates. Bei der Neuordnung des Flugplatzgeländes nach dem Ende der militärischen Nutzung in den 1980er Jahren und dem Wiederaufbau des Alten Schlosses beinahe zeitgleich stellte die Staatsregierung daher den Gliederungen der Landsmannschaft Kapazitäten in Schleißheim zur Verfügung: ein Areal auf dem ehemaligen Flugplatzgelände für ein Mahnmal, die ehemaligen Tower-Anlagen für Archive und Begegnungsstätten und eben den Südflügel des Alten Schlosses für die Ausstellung, die im Juli 1991 eröffnet wurde.

In bislang fünf Räumen wird dort den Ost- und Westpreußen „gelebte Erinnerungsarbeit“ ermöglicht, wie Thomas Schindler sagt, der neue Referent für Volkskunde am Nationalmuseum, der auch für die Sammlungen im Alten Schloss zuständig ist. Die Ausstellung zeigt zunächst eine historische Herleitung des ostpreußischen Raums und seiner Problemstellung, Gegenstände der Besiedlung und historische Reminiszenzen, stimmungsvolle Bilder aus der „alten Heimat“ bis zum ausgestopften Elch als charakteristischem Tier der Gegend, ein Panoptikum berühmter Persönlichkeiten von Kant bis eben Corinth und auch überregional bedeutsam Kunstgegenstände, etwa aus Bernstein. Eine Neugestaltung des historischen Rundgangs könne angedacht werden, signalisiert Schindler, würde dann aber „zeitgemäßer perspektiviert und auch sozial- und gesellschaftkritischer ausgerichtet sein“.

Die Werke Bischoffs böten der aktuellen Ausstellung eine kongeniale Ergänzung, findet Schindler. „Für Landsleute ist das eine weitere Facette an Erinnerungsarbeit, sie werden sich in den sehr eingängigen Bildern wiederfinden“, erwartet er, Kunstfreunde ohne landsmannschaftlichen Einschlag könnten „interessante Grafiken des expressiven Realismus“ entdecken. Eduard Bischoff übrigens hat zu seinem Werk gerüttelreimt: „So halt ich es zu jeder Frist, wie’s immer schon gewesen ist: Mit keiner Arbeit hab ich geprahlt! Und was ich gemalt hab, hab ich gemalt!“

Bild: Erinnerungen an die Heimat: „Bauer, das Brot grüßend“, Farbholzschnitt auf Papier, 1964.