25. Jubiläum der Flugwerft Schleißheim

Seit 25 Jahren gehört die Flugwerft Schleißheim zum Deutschen Museum. Das wurde zwei Tage lang mit einem tollen Festprogramm gefeiert. Tausende von Besuchern zog es zum Jubiläums-FLY-IN zum Museum, wo am Samstag 8.7.17 der Generaldirektor des Deutschen Museums, Prof. Dr. Wolfgang M. Heckel zusammen mit Minister a.D. Dr. Otto Wiesheu und dem ersten Bürgermeister von Oberschleißheim, Christian Kuchlbauer das Fest eröffnete.

Das ganze Wochenende 8.und 9.7.17 über wechselten sich Attraktionen zum Mitmachen und wissenswerte Vorträge und Führungen ab. Auf dem Freigelände waren Pkw-Oldtimer zusammen mit spannenden Flugzeugen zu besichtigen. Beispielsweise waren die C160 Transall des Lufttransportgeschwaders 61 Penzing zu sehen, oder Polizeihubschrauber der benachbarten Fliegerstaffel Oberschleißheim, historische Bundeswehrfahrzeuge für den mobilen Flugplatzbetrieb (Reservisten Arbeitsgemeinschaft) das Segelflugzeug Astir des Ikarus Luft-Sport-Clubs Oberschleißheim und ein historisches Follow-Me-Fahrzeug der Flughafen München Gesellschaft. 

Tagsüber trafen immer wieder historische und seltene Flugzeuge ein. Wer wollte, konnte Rundflüge mit der Junkers JU 52, DeHavilland Dragon Rapide oder der Antonov 2 buchen. Kostenlos gab es eine „kleine Ballonfahrt“ zu erleben: Mit einem Eventkorb am Kran konnte man sich 55 Meter hoch heben lassen und gewann eine tolle Perspektive über das gesamte Werft-Gelände und die Umgebung. Zwei Rundflüge für je zwei Personen mit der Antonov wurden verlost. Oldtimerpilot Marwig Herzog moderierte das Geschehen, Klang Bagage und Motion Music sorgten ganztags für Live-Musik.

 

Der Eintritt für Erwachsene betrug 6 Euro; wer aber noch über D-MarkFlyIn2-Münzen verfügte, konnte zum Jubiläumspreis von 3 DM eine Tageskarte bekommen. Der ADFC organisierte eine Radtour zum Fest: Vom Verkehrszentrum und der Münchner Museumsinsel ging es nach Oberschleißheim. Angemeldete Teilnehmer konnten dann gratis eintreten. Bei der Foto-Aktion „Zeigen Sie uns Ihren Museumsbesuch“ gab es Jahres-Eintrittskarten zu gewinnen.

Für die Kleinen war ein eigenes Programm vorbereitet: Sie konnten sich auf dem Mini-Flugplatz und mit einem Fliegerspiel in der Ausstellungshalle vergnügen, an der Bastelaktion „Dein FLY-IN Aktionsheft“ teilnehmen und ein eigenes Heft mit den jeweiligen Lieblingsfliegern gestalten oder Isarkiesel vergolden. Der Kultur- und Spielraum München kümmerte sich um die Youngsters.

Auch wer sich tiefer über die Geschichte der Flugwerft oder das Fliegen an sich informieren wollte, kam auf seine Kosten: Ex-Astronaut Der. Ulrich Walter und Generaldirektor Heckl präsentierten Astronauten-Trainees, in einer Science-Show wurden Fragen erörtert wie: Warum schlägt ein Jumbo nicht mit den Flügeln? Wieso hebt ein Heißluftballon ab? Oder: Was braucht man zum Start einer Rakete?

Weiter gab es Führungen durch die Ausstellungshalle und Flugplatzwanderungen mit dem Thema: „Die Geschichte des ältesten Flugplatzes in Bayern“, erläutert von Paul Eschbach. Otto Bürgers Vortrag war ein „Streifzug durch die Geschichte des Flugplatzes Schleißheim, Andreas Hempfner sprach über „Objektforschung an der Messerschmidt Bf 109E des Deutschen Museums“ und Isolde Wördehoff referierte zum Thema „Von Lilienthal bis zum modernen Segelflugzeug.“

Zwischendurch fielen Männer vom Himmel: Die Flugsportgruppe des DLR Oberpfaffenhofen demonstrierte Fallschirmabsprünge. Das abendliche Highlight des Samstags musste zum Bedauern aller ausfallen: Der Freiballonverein Augsburg wollte in Zusammenarbeit mit dem Ballonmuseum Gersthofen drei Heißluftballons zum Glühen bringen. Aber gewittriger Wind wurde so stark, dass er die Ballons zusammendrückte. So blieb es bei der eindrucksvollen farbigen Beleuchtung des Museums und einiger Flugzeuge, sowie flackernden Gaslichtern der Ballons zu stimmungsvoller Musik.

 

Was in keinem Museumsführer steht: Gerhard Filchner, seit der Eröffnung 25 Jahre lang Leiter der Flugwerft, zeigt Lieblingsstücke und Kuriosa.

 

1981 war Gerhard Filchner zum Deutschen Museum gekommen, um den Aufbau der neuen Luftfahrtausstellung im Haus auf der Museumsinsel als Kurator zu begleiten. 1984 wurde die neue Ausstellung in München eröffnet, 1985 billigte die Bayerische Staatsregierung den Umzug nach Schleißheim. Als Ansprechpartner für den Aufbau der Außenstelle Schleißheim wurde damals Gerhard Filchner abgestellt. Seit der Eröffnung 1992 ist er nun Leiter der Flugwerft und feieret somit mit dem Haus sein Silberjubiläum.
Der gebürtige Weidener hat an der Fachhochschule München Flugzeugbau studiert. Den beruflichen Einstieg ins Museum nennt er „einen Glückstreffer für mich“, neben dem technischen Interesse für den Flugzeugbau habe ihn auch „der geschichtliche Hintergrund immer interessiert“. Auch Restaurierungsprojekte hat er auf der Museumsinsel geleitet.

Die Abstellung für und später dann auch nach Schleißheim hatte zunächst auch gemischte Gefühle hervorgerufen. „Anfangs war ich skeptisch“, erinnert er sich, hätte er doch im Haupthaus noch so viel vorgehabt. Und dann die „gewisse Distanz“ nach München… Anfang 1992, Monate vor der offiziellen Einweihung, zog Filchner in sein Büro im Ostflügel der Flugwerft und fungiert dort nun seit der Eröffnung des Hauses als sein Leiter.

„Es waren sehr erfolgreiche 25 Jahre“, resümiert der 61jährige. Die 20 Mitarbeiter der Außenstelle bildeten „einfach ein gutes Team“, es herrsche großer Zusammenhalt. Der Nachteil der räumlichen Distanz zur Zentrale werde kompensiert durch eine „sehr überschaubare Einheit“. Und auch mit dem abgelegenen Ort hat sich der Vater einer Tochter, der in München lebt, bestens arrangiert. „Ich fühle mich als Oberschleißheimer“, sagt Filchner. 2001 hat er in der nahen Schlosskapelle auch geheiratet.

Zum Jubiläum gibt Filchner im „Schleißheimer Sommer“ einen Einblick in seine ganz persönliche Sicht der Sammlung: Seine Lieblingsstücke, seine emotionalen Erinnerungen – und Anekdoten und Kuriosa, die nicht im Museumsführer auftauchen…

 

Verrückter Transport


Unser Eurofighter ist ein „EF-2000 DA1“, der 1994 am Flugerprobungszentrum der EADS in Manching zu seinem Erstflug gestartet war. Der letzte Flug fand am 21. Dezember 2005 statt, danach sollte die Maschine von Manching nach Schleißheim transportiert werden. Der Rumpf ist aus hohlfaserverstärktem Kunststoff gefertigt und nicht zerteilbar. Wir haben mehrere Transportvarianten diskutiert. Das Flugzeug wurde schließlich in Gänze auf einen Sondertransporter verladen, der dann in einem aufwändigen Nachttransport über die Autobahnen A9 und A99 fuhr. Die Autobahnen wurden dazu teilweise gesperrt. Auf Höhe des Flugplatzes hielt der Transport auf der A99 und der Eurofighter wurde mit einem Kran von der Autobahn über den Grünstreifen auf die Jägerstraße und dort dann wieder auf den Speziallastzug gehievt. Dann ging es zum 20 Meter zum Gelände der Bundespolizei. Dort musste er in gleicher Prozedur über den Zaun hinein- und am anderen Ende wieder herausgehoben werden, weil der Flieger mit seiner Spannweite von 10,9 Metern nicht durch die Tore passte. Das war ein ziemlich verrückter Transport. In Manching ging es um 22 Uhr los, wir haben hier im Museum darauf gewartet. Gegen 4 Uhr früh war er da. 

 

Bruchlandung
Der mittlerweile verstorbene Steven Whelan aus Hassfurth war als Flugenthusiast mit einer seiner beiden historischen Maschinen immer wieder Besucher bei unseren Fly-Ins. Bei einem Flug nach Schleißheim, der nichts mit den Flugtagen zu tun hatte, passierte ihm allerdings ein Missgeschick: Bei einem Landeunfall auf dem Flugplatz nebenan ging seine „Fairchild F24“ zu Bruch. Der Aufwand für eine Reparatur war unverhältnismäßig, so dass er die Maschine aus dem Verkehr zog und sie der Einfachheit halber uns vermachte. Wir haben die kaputte Maschine dann komplett geöffnet und stellen ihr Skelett jetzt als Demonstration der Bauweise aus. Der abgebrochene Propeller des damaligen Unfalls hängt als Erinnerung in unserer Werkstatt an der Wand.

Der Menschheitstraum
Mein ganz persönliches Lieblingsexponat ist der „Musculair 2“. Das Flugzeug hat der Bastler Günter Rochelt selbstgebaut, es fliegt nur mit Muskelkraft. Für mich zeigt das wunderbar, wie es der Mensch geschafft hat, zu fliegen – und das ist doch der uralte Menschheitstraum. Das Flugzeug hat auch einen direkten Bezug zu Schleißheim, denn hier hat Rochelts Sohn Holger am 1. Oktober 1985 einen Geschwindigkeits-Weltrekord für Muskelkraftflugzeuge aufgestellt. Über eine Strecke von 1500 Metern war er mit einer Rekord-Spitzengeschwindigkeit von 44,26 km/h unterwegs. Die „Musculair“ war nur für diesen Flug gebaut, sie war nicht alltagstauglich. So haben wir sie sofort nach dem Rekord bekommen. Ihr Vorgänger, die „Musculair 1“ ist in unserem Haupthaus auf der Museumsinsel ausgestellt. Rochelt hat vor Jahrzehnten auch schon ein solarbetriebenes Flugzeug hergestellt, die „Solair 1“, und war damit als Pionier von Elektroflugzeugen seiner Zeit weit voraus.

Festgesellschaft ausgetrickst
Der „Bell UH-1D“ war ein Transport- und Rettungshubschrauber des damaligen Bundesgrenzschutzes, heute Bundespolizei, der von 1970 bis 2000 bei der Fliegerstaffel Süd auf dem Flugplatz Schleißheim stationiert war. Als die Maschine ausrangiert wurde und dem Museum übergeben werden sollte, war eine große Feier arrangiert, zu der auch der Präsident des Bundesgrenzschutzes kam. Der Hubschrauber sollte vom Grenzschutz-Gelände zu uns über den Flugplatz seinen letzten Flug machen. Aber er stand nicht umsonst zur Ausmusterung an: Es gab ein technisches Problem mit dem Rotor und der „Bell“ erhielt absolutes Flugverbot. Um die geplante Feier nicht platzen zu lassen, wurde für die Zeremonie ein flugtaugliches Modell beschafft und dann die Türen ausgetauscht, auf denen die Modellnummer stand. So flog von dem in der Ausstellung gezeigten Hubschrauber nur die Tür den letzten Flug ins Museum, der Rest wurde danach mit dem Lkw gebracht. Aber es wurde eine wunderbare Veranstaltung. Aufgefallen ist das übrigens nur einem, einem Flugzeug-Spotter, der bei der Übergabe fotografiert hatte und dann bemerkte, dass die Seriennummer am Leitwerk nicht zum Modell passt.

Geheimer Jungfernflug
Die „DDMH22“ steht für „Doppeldecker Müller Herbert, 22 Jahre Bauzeit“. Der Kraftfahrzeugelektriker aus Passau hat es selbst konstruiert, gebaut und auch geflogen. Allerdings hatte er von seiner Ehefrau striktes Flugverbot erhalten, weil sie der Sache sehr skeptisch gegenüber stand. Er ist die fertige Maschine dann bei Vilshofen eine halbe Stunde geflogen – geheim. Danach hat er das Flugzeug gleich uns übergeben. Auch das ist für mich ein wunderschönes Beispiel, dass man kann, wenn man will.

Fluggeschichte, Museumsgeschichte
Unser historisch wertvollstes Exponat ist das originale Gestellkreuz aus einem Flugapparat, mit dem Otto Lilienthal 1894 geflogen ist. Das Deutsche Museum hat den Segelapparat schon 1903 überlassen bekommen, im Jahr seiner Gründung. Er wurde als Exponat Nummer 2235 inventarisiert. Bis 1956 war der gesamte Segelapparat auf der Museumsinsel ausgestellt, dann wurde er zu morsch und brüchig und landete im Depot. 2016, zu unserer großen Sonderausstellung „125 Jahre Menschenflug“ über Otto Lilienthal, kam das Originalteil nach Schleißheim und dazu eine Nachbildung des gesamten Fluggeräts. Luftfahrtgeschichtlich ist das unser Highlight. 

 

 

Feuerwehr beim Schneeräumen
Die „ATTAS“, ein Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig auf Basis des Verkehrsflugzeugs VFW614, ist das größte Flugzeug, das jemals auf dem Flugplatz Schleißheim gelandet ist. Als wir die Maschine erhalten sollten, war ihre Zulassung für den Flugbetrieb schon abgelaufen. Aber ein Transport auf der Straße von Braunschweig wäre ungeheuer aufwändig geworden. So haben wir eine Ausnahmegenehmigung erwirkt, dass die Maschine einmal noch in ihr Museum fliegen durfte. Diese Sondergenehmigung war ein wirklich außergewöhnlicher Akt, so dass sie sehr knapp befristet war, und es wurde dann wirklich eng. Es gab praktisch noch einen Tag, an dem es klappen musste, der 7. Dezember 2012 – und in der Nacht davor hat es geschneit. Mit ihren 800 Metern ist die Landebahn am Schleißheimer Flugplatz für so ein Gerät ohnehin schon viel zu klein – und jetzt lag auch noch Schnee. Wir haben dann die Feuerwehr Oberschleißheim mobilisiert und die hat mit dem Kehrgerät die Bahn geräumt und enteist. Die Piloten sind in Braunschweig im Cockpit gesessen und haben auf unser Signal gewartet. Am frühen Nachmittag war die Piste nutzbar, die „ATTAS“ ist gestartet und alles ist gut gegangen.

Aufrüstung im Museum
Nach dem Ende des „Warschauer Pakts“ haben wir uns intensiv um Flugzeuge aus dem vormaligen Ostblock bemüht. Die „MiG-15 UTI“ war das erste sowjetische Strahlflugzeug mit Pfeilflügel und das bedeutendste und verbreitetste Kampfflugzeug der UdSSR in den 1950er und 60er Jahren. Die bei uns ausgestellte Version war lange Zeit in etwa 30 Ländern im Einsatz. In Polen sind wir 1991 dann endlich fündig geworden und haben das Flugzeug gekauft. Während des Transports bekam ich dann plötzlich einen Anruf von der Zollstation in Waidhaus: die Maschine war vom Verkäufer nicht demilitarisiert worden, es gab keinen entsprechenden Nachweis. Damit galt die „MiG“ als Militärflugzeug nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Jetzt haben die Telefone geglüht. Wir haben dann die entsprechenden Einfuhrgenehmigungen erhalten. Aber die Maschine fällt weiter unter dieses Gesetz und wird heute noch regelmäßig überprüft.